Ein Daladala für Kizae – oder: Wie alles begann
Folgende Rundmail führte letztendlich zur Gründung unseres Vereins:
Hallo allerseits,
heute wende ich mich mit einer vielleicht etwas verrückten Idee an euch, aber ich dachte mir, fragen kostet ja nichts ...
Wer die Idee doof findet, kann sich ja einfach darüber amüsieren (ärgern, aufregen, totlachen oder Ähnliches) und die Mail
dann löschen ...
Also, es geht um Folgendes: Es gibt einen netten Sansibari, der ein gar nicht so nettes Drogenproblem hatte und der mit Hilfe von
netten Leuten (einige von euch sind auch dabei) eine Entziehungskur gemacht hat. Jetzt darf er die Entzugsklinik bald verlassen
und es stellte sich die Frage, was er dann tun könnte. Leider sind die Jobmöglichkeiten auf Sansibar im Allgemeinen und für (ehemalig)
Drogenabhängige ganz besonders nicht gerade rosig. Shaha, ein Freund und Mitarbeiter der Entzugsklinik, hatte nun die Idee, dass der
junge Mann eine „Busfahrerausbildung“ machen könnte. Das dauert auf Sansibar circa zehn Monate. Das Problem ist, dass man sich nach der
Ausbildung selbst um ein passendes Gefährt (Daladala) kümmern muss. Kaufen ist viel zu teuer, und wenn man eines mietet, gehen fast die
ganzen Einnahmen an den Besitzer und das, was übrig bleibt, reicht noch nicht mal zum Leben. So weit, so schlecht, und jetzt unser Plan:
Wir kaufen ein Daladala, der nette Sansibari fährt damit durch das schöne Sansibar und bekommt 25 Prozent der Einnahmen. Ein außerdem noch
benötigter „Schaffner“ bekommt ebenfalls 25 Prozent. 25 Prozent legen wir (also Shaha, der die Verwaltung übernehmen würde) für Reparaturen
zur Seite. Bleiben 25 Prozent für die netten Investoren, die so darauf hoffen können, nach fünf bis sieben Jahren ihre Investition
zurückbekommen zu haben. Danach machen wir Gewinn (oder investieren in noch ein Daladala oder etwas anderes)!!!
Der Haken: Wenn das Daladala nach drei Tagen geklaut oder bei einem Unfall geschrottet wird, ist das Geld futsch...
Aber!!! Wir hätten mindestens zwei Personen (man könnte auch je einen zweiten Fahrer und „Schaffner“, eventuell ebenfalls aus der
Entzugsklinik, „einstellen“) eine Chance gegeben, die sonst kaum eine Chance haben werden. Diese würden ein für sansibarische
Verhältnisse sehr gutes Einkommen haben, mit dem sie aus ihrem Leben doch noch etwas machen könnten.
Und nicht zu vergessen: Wenn‘s gut geht, könnte das der Beginn eines Daladala-Imperiums sein! Man stelle sich das mal vor:
UNSERE Daladalas fahren durch ganz Sansibar (ach was: Afrika!!!), schaffen sichere und gut bezahlte Arbeitsplätze,
verpesten die Umwelt ...
Ich weiß, das ist alles verrückt, aber: ich bin dabei! Wer das auch sein möchte, der kann ganz unbürokratisch
(in bar oder per Überweisung) zum glücklichen Teilhaber an einem original sansibarischen Daladala werden!
Und das Beste zum Schluss: Immer, wenn ihr mal wieder auf Zanzibar seid, dürft ihr UMSONST mitfahren!!!
Viele liebe Grüße,
euer Kuddel
PS: Noch eine kleine Randnotiz: Wir bräuchten insgesamt mindestens 10 000 Euro...
PPS: Aber es gibt zurzeit doch sowieso keine Zinsen, Geld kann man nicht fressen, wenn der Euro futsch geht,
ist eh alles weg, Berlin hat auch kein Geld und ist trotzdem sexy, Reiche müssen immer mehr Steuern bezahlen
und sind noch dazu höchst unsympathisch, man sollte ab und zu auch mal was Verrücktes machen, Aktienanlagen
sind auch nicht sicher und jeder Mensch hat doch irgendwie wenigstens eine kleine Chance verdient.
PPPS: gerne an Interessierte weiterleiten...
Womit der Verfasser der Mail gar nicht gerechnet hatte: Es kamen überraschend viele Antworten mit der grundsätzlichen Bereitschaft
zu helfen. Allerdings forderten fast alle Antwortenden, dem Ganzen einen etwas offizielleren, seriöseren und transparenteren
Rahmen zu geben. Daraus entstand die Idee, einen Verein zu gründen. Eine erste Satzung wurde verfasst, die sich sehr auf die in
der Mail beschriebene Idee bezog, im Prinzip also die Vergabe von Krediten für Start-up-Unternehmen. Dies wurde vom Finanzamt als
absolut nicht gemeinnützig abgewiesen. Die Enttäuschung war zunächst groß, aber die Idee, über einen gemeinnützigen Verein Menschen
auf Sansibar zu helfen, blieb für alle viel zu attraktiv, um das Vorhaben gleich ganz aufzugeben, sodass beschlossen wurde, einen
neuen Versuch mit neuem Vereinszweck zu wagen. Eine neue Satzung mit unbestritten gemeinnützigen und mildtätigen Vereinszielen entstand,
der Verein wurde als gemeinnützig anerkannt und fand sehr
schnell genug Unterstützung, um die ersten Projekte anzukurbeln (siehe „Projekte“).
Und Kizae, der junge Mann aus der E-Mail? Er hat mittlerweile seinen Autoführerschein gemacht und unser Partnerverein
vor Ort „Kilimani City“ versucht gerade, ihm zu helfen, einen Job als Fahrer zu finden, um erst einmal Fahrpraxis zu bekommen.
Nach ein paar Jahren soll dann eventuell der Busführerschein folgen. Unser Verein wird Kizae auf jeden Fall weiter begleiten
und unterstützen. Ob wir finanziell und satzungsgemäß jemals in der Lage sein werden, ihm zu einem eigenen Daladala zu verhelfen,
steht in den Sternen. Aber ganz zweifellos hat Kizaes Schicksal ein sehr spannendes und schönes Projekt
ins Rollen gebracht: unseren Verein „Hilfe für Sansibar e.V.“.